Unternehmen bei Facebook: Support im Zeitalter sozialer Netzwerke – der tägliche Kampf

Früher hat man beim örtlichen Händler ein Produkt gekauft und den erneuten Weg zum Händler, um sich zu beschweren, nur dann angetreten, wenn es sich um ein wirklich schwerwiegendes Problem gehandelt hat. Ein Anruf bei der Telefon-Hotline des Herstellers? Viel zu teuer und dann auch noch die Warteschleife… Ohnehin telefonierte man nicht gerne. Irgendwie konnte man sich dann doch damit arrangieren, dass etwas nicht haargenau den eigenen Vorstellungen entsprach. Um dem eigenen Frust Luft zu machen, blieb ja immer noch die Möglichkeit Onkel Heinz und dem Schwippschwager davon abzuraten, ein Produkt der jeweiligen Marke zu kaufen.

Im Zeitalter sozialer Netzwerke hat sich nicht nur die Diskussionskultur, sondern auch die Beschwerdekultur deutlich verändert. Jedes Unternehmen, das etwas auf sich hält, verfügt inzwischen über eine eigene Facebook Fanpage, die zum zentralen Anlaufpunkt aller Empörten wird. Und glaubt mir, es gibt viele Dinge, über die sich Leute, denen langweilig ist, empören können. Das fängt schon bei Kleinigkeiten an, zum Beispiel wenn jemand die Zubehörliste des Fernsehers nicht genau gelesen hat und sich beschwert, dass nur eine anstatt zwei 3D-Brillen mitgeliefert wurden. Zunehmend wird die Möglichkeit des kostenlosen Supports in sozialen Netzwerken auch zur Zelebrierung der eigenen Faulheit genutzt, denn anstatt selbst in die Bedienungsanleitung zu schauen oder zwei Smartphones anhand ihrer Spezifikationen zu vergleichen, gibt man die Frage einfach an den Facebook-Support ab. Dafür ist er ja da.

Vielleicht ist er das tatsächlich, aber leider bleibt dafür keine Zeit, da man gerade mal wieder dabei ist Kommentare mit obszönen Ausdrücken und rassistischen beziehungsweise menschenverachtenden Parolen zu moderieren. Hinweise auf die Netiquette bleiben in der Regel fruchtlos, ein Appell an Höflichkeit und Anstand ist ohnehin sinnlos, da diese Begriffe vielen gänzlich unbekannt sind. Macht man darauf aufmerksam, dass auch Kinder und Jugendliche mitlesen, erklären einem Erwachsene Eltern, dass Kinder diese Ausdrücke heute schon in der ersten Klasse lernen und das doch alles völlig normal sei – für diejenigen, die eine Gastrolle bei X-Diaries anstreben, mag das sogar stimmen.

Genau genommen ist der Begriff “Facebook-Support” ohnehin irreführend, da es sich vielmehr um eine Art “Anger Management” handelt. Die meisten Nutzer sind überhaupt nicht an Hilfe und Problemlösungen interessiert, sondern wollen lediglich ihrem Frust Luft machen, kurz mal in die Öffentlichkeit hinausposaunen, wie schlecht ein Unternehmen beziehungsweise Produkt ist und sich danach wieder der Schafzucht bei FarmVille widmen. Einige machen das mehrmals täglich, stets mit dem gleichen Inhalt und stets unter dem Deckmantel der Anonymität des Internets. Nur wenige würden wohl in einem Telefongespräch auf eine ähnliche Wortwahl zurückgreifen.

Ab und an gibt es dann doch noch die seltenen Exemplare, die in einem Kommentar lobende Worte für ein Unternehmen finden, oder fundierte Support-Anfragen an das Anger Management- Facebook-Support-Team richten, denen man gerne weiterhilft und die auch Danke sagen können. Das passiert aber nicht oft. Leider.

Veröffentlicht von Frank Feil

Blogger aus Leidenschaft seit über 12 Jahren. Ist selbstständig und macht irgendwas mit Social Media. Liebt das Reisen und guten Gin. Baut zur Zeit ein Haus.

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11 Jahre zuvor

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11 Jahre zuvor

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Raphael Jasjukaitis
11 Jahre zuvor

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11 Jahre zuvor

Schöner Text, danke. So isses.

Carsten Knobloch
11 Jahre zuvor

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11 Jahre zuvor

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11 Jahre zuvor

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Heye
11 Jahre zuvor

Toller Artikel, ich beobachte dieses Phänomen auch schon länger. Mir geht es gehörig auf die Nerven, das jeweilige Unternehmen befindet sich ja auch in einer echten Zwickmühle. Antwortet man nicht auf sogenannte “Beschwerden”, folgen gleich weitere – antwortet man, sind viele trotzdem nicht zufrieden.

11 Jahre zuvor

Unternehmen bei Facebook: Support im Zeitalter sozialer Netzwerke – der tägliche Kampf https://t.co/S5qSPznS

[…] man mit etwas unzufrieden ist, eben um sich zu beschweren – darüber hatte ich ja bereits ein paar Zeilen geschrieben. Manchmal muss man aber auch Danke sagen und nachdem ich nun seit über einem Jahr bei […]